Was ist Boogie?


Die Geschichte des Boogie-Woogie (Tanz, Quelle: Wikipedia, Stand: 16. Juli 2021)

 

Boogie-Woogie ist ein Gesellschafts- und Turniertanz aus der Familie der SwingTänze, der paarweisegetanzt wird. Er entstand in den 1920er Jahren in den USA. Die Verwendung der Bezeichnung „Boogie-Woogie“ für den Tanz bleibt auf Europa beschränkt. Amerikanische Soldaten brachten diesen Tanz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Europa, wo ihn die Jugend für sich entdeckte. Aufgrund der dem damaligen Zeitgeist entsprechend empfundenen Unmoral und größtenteils wegen seiner schwarzen Wurzeln erfahrenen gesellschaftlichen Ächtung lehnten es Tanzlehrer nach dem Krieg zunächst weitgehend ab, diesen Tanz in ihren Schulen zu unterrichten. So wurde er in die Hinterzimmer der Tanzschulen sowie in die über eine Musikbox verfügenden Milchbars und Tanzbierbars verbannt und verbreitete sich durch Abgucken und Experimentieren. Die weitgehende Verdrängung des Tanzes der Jugend aus der Öffentlichkeit fand erst ein Ende, als der Film „Außer Rand und Band“ 1956 in die deutschen Kinos kam und gleichsam "Ventile" öffnete.

 

Da man sich dem Interesse der Jugend an diesem Tanz nicht dauerhaft zu entziehen vermochte, wurde der afroamerikanisch geprägte Swing-Tanz durch europäische Tanzlehrer an den europäischen „Geschmack“ angepasst. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Tänzen wird der Boogie-Woogie in Tanzschulen und Vereinen daher aufrechter, kompakter und oft in klar definierten Linien vermittelt und getanzt. Elemente, die als anstößig angesehen wurden, wurden nicht vermittelt. Die „Europäisierung“ des Swing-Tanzes setzte sich unter dem Einfluss der Tanzschulen mit dem Jive und Rock ’n’ Roll weiter fort. Eine Hochburg für den Boogie-Woogie in den 1950er Jahren war Berlin.

 

Boogie-Woogie wird nicht, wie man erwarten würde, ausschließlich auf BoogieWoogie-Musik getanzt, sondern aufgrund der verwandten musikalischen Elemente, vorwiegend auf Rock ’n’ Roll, Rockabilly, Rock, Jump Blues und Swing. Der Tanz ist untrennbar mit der ihm zugrundeliegenden Swing-Musik, ihrem Wandel und mit den auf sie wirkenden Einflüssen verbunden. Starke Einflüsse kamen aus dem auf schwarzen Wurzeln fußenden Rhythm & Blues der 1940er und 1950er Jahre. Voraussetzung für den nachhaltigen Erfolg des Tanzes und für seine Weiterentwicklung war die stimulierende Wirkung, die von der Musik ausging. Swing war die „Pop-Musik“ der damaligen Zeit, sie war populär bei Jung und Alt seit den späten 1920er Jahren, in den 1930er Jahren und nach dem Zweiten Weltkrieg. Wenn sie von der älteren Generation als zu „wild“ empfunden wurde, behalf man sich damit, von "Jazz-Musik" zu sprechen. Diese hatte eher eine gesellschaftliche Akzeptanz als die zu laute und vermeintlich die gute Ordnung und die Sitten gefährdende "Hottentotten- oder Neger-Musik".

 

Der Name des Tanzes im Nachkriegseuropa wandelte sich: Während bis Mitte der 1950er Jahre neben der Bezeichnung „Jitterbug“ auch „Boogie-Woogie“ üblich war, kam mit dem Ende der 1950er Jahre die Bezeichnung "Rock ’n’ Roll" auf, ein Name, den die damaligen Medien und die Jugendlichen mitprägten: Kinofilme, Zeitungsartikel und Soldatensender brachten diesen Begriff ab 1956 immer mehr in Umlauf. Er war verbunden mit der neuerlich aus USA aufkommenden Musik eines Bill Haley und Elvis Presley, die mit dazu beitrugen, die ursprünglich auf afroamerikanischen Wurzeln basierende Musik salonfähig zu machen. Der Erfolg ist z.T. auch dadurch zu erklären, dass Musik und Tanz ein Ausdruck des jugendlichen Protestes gegen die Generation ihrer Eltern waren. Nach dem Abebben dieser Bewegung im Twist und dem aufkommenden Beat der 1960er Jahre erlebte der „Rock ’n’ Roll“ eine Wiedergeburt in den 1970er Jahren: Mit der Musik wurde auch der Tanz wiederentdeckt und seither durch Tanzschulen und Sportvereine verbreitet. Im sich entwickelnden Turniertanzgeschehen unterschied man schnell zwischen „Rock ’n’ Roll“ und „BoogieWoogie“, um Verwechslungen zwischen dem akrobatischen Sport-Rock-’n’-Roll und dem zunächst ohne Akrobatik unterrichteten „Boogie-Woogie“ zu vermeiden. Das für Wertungsgerichte wichtige Reglement für nationale und internationale Wettbewerbe, das regelmäßig angepasst wurde, hat aber nicht verhindert, dass auch die ursprünglichen Formen des Tanzes und Tänzer von damals wiederentdeckt wurden, was zu seiner heutigen Ausprägung beigetragen hat. So steht neben dem verschulten und bewerteten Tanzen immer noch eine volkstümliche Ausprägung des Boogie-Woogie mit zahlreichen weltweit unterschiedlichen Variationen, die ihm immer anhaftete. Durch den veränderten Zeitgeist unterliegen Musik und Tanz nicht mehr der ursprünglichen gesellschaftlichen Ächtung, die sie als Ausdruck einer jugendlichen Sub-Kultur während der Nazidiktatur und in den 1950er Jahren erfuhren.

 

Boogie-Woogie als Turniertanz

Beim modernen Boogie-Woogie wird Wert auf eine saubere und deutliche Fußarbeit gelegt, bei der oft mehr als ein Schritt pro Zählzeit durchgeführt wird. Auch noch über 200 Schritte pro Minute spielerisch und leicht aussehen zu lassen, zeichnet einen guten Tänzer aus.

Startklassen

• Juniorenklasse (Juniors): bis einschließlich 17 Jahre

• Hauptklasse (Main): Paare, die weder in der Junioren- noch der Seniorenklasse starten, müssen in der      Hauptklasse starten.

• Oldie- oder Seniorenklasse (Seniors): Ein Tanzpartner muss mindestens 35 Jahre alt sein, der andere mindestens 40 Jahre.

• Formation: vier Paare (Quartettklasse) oder vier bis acht Paare (Masterklasse), keine Altersbeschränkung.

 

Es ist den Paaren nicht mehr gestattet, in zwei Klassen zu tanzen. Nach den alten Regeln durften Tänzer unter 18 Jahren zusätzlich zur Juniorenklasse auch in der Hauptklasse starten. Auch Tänzer der Oldieklasse durften zusätzlich in der Hauptklasse starten. Die höchsten Ansprüche werden in der (Main) Hauptklasse an die Paare gestellt. Jeder Bewerber darf in der Hauptklasse starten, aber Kandidaten, die vom Alter her der Hauptklasse zugeteilt sind, können ausschließlich in dieser Klasse starten.

 

In einigen Ländern gibt es die sogenannte Show-Klasse, in der alle Altersklassen mit einer im Vorhinein einstudierten, Choreographie (Formation) starten dürfen.

 

Koordiniert werden die Turniere international von der World Rock’n’Roll Confederation (WRRC), in Deutschland vom Deutschen Rock ’n’ Roll und Boogie-Woogie Verband e. V. (DRBV), in Österreich vom Österreichischen Rock ’n’ Roll und BoogieWoogie Tanzsportverband (ÖRBV) und in der Schweiz von der Swiss Rock ’n’ Roll Confederation (SRRV).

 

Vergleich zu Rock ’n’ Roll (Tanz)

Der Rock ’n’ Roll-Tanz hat sich aus dem ihm zeitlich vorangehenden Boogie-WoogieTanz entwickelt. Der wesentliche Unterschied zu Rock ’n’ Roll besteht darin, dass beim ursprünglichen Boogie-Woogie kein im Vorhinein einstudiertes Programm, sondern völlig frei zur Musik getanzt wurde. Daher wurde und wird Boogie-Woogie auch in Tanzlokalen getanzt, während der Rock ’n’ Roll dem Turniertanz vorbehalten bleibt. Beim Boogie-Woogie in ursprünglicher Form werden auch deshalb weniger akrobatische Figuren wie z.B. Salti, Rotations- oder Hebefiguren getanzt. BoogieWoogie als aktueller Show- oder Turniertanz „vertanzt“ die Musik prägenden grundlegenden musikalischen Bauelemente aus dem „Swing“ und aus dem „Blues“ und gestaltet dazu passende Choreografien. Neben dem Paartanz begegnen dabei auch aus mehreren Tanzpaaren oder Einzeltänzern bestehende Formationen.

 

Boogie-Woogie wird in der Regel zu Rock'n'Roll- und Swing-Musik der 1950er/1960er Jahre oder aktueller Musik dieses Genres getanzt, wobei die Betonung wegen der zugrundeliegenden Musik auf dem 2. und 4. Taktschlag liegt, was musikalisch als sog. „Backbeat“ bezeichnet wird. Während der Rock'n'Roll als „Social-Dance“ durch den sog. Sechser-Grundschritt mit Rück-Platz- und Kick-Bewegungen und der SportRock-’n’-Roll durch den sog. Neuner-Sprungschritt mit dem charakteristischen „KickBall-Change“ und stilistischen Variationen des Sprungschritts sehr stark bestimmt wurde, baut der Boogie-Woogie im Wesentlichen auf einem Sechser- und AchterGrundschritt auf, welcher sowohl in flachen als auch in gekickten Varianten ausgeführt wird. Musikalisch dominieren die (6-Count-) 12Takt-Struktur des Blues und das (8-Count-) 8Takt-Schema des Swing. Je nach Musikstil, dem zugrundeliegenden musikalischen Grundgerüst und dem Tempo der Musik variieren die Tänzer die Zahl ihrer Schritte, um diese der musikalischen Akzentuierung anzupassen.

 

Beim frei zur Musik getanzten Boogie-Woogie nehmen die Tänzer eine von zwei Rollen ein: Follower und Leader. Der Leader (Herr) führt und leitet die Figuren ein, während der Follower (Dame) auf die Führung zu reagieren hat. Beide Aufgaben sind gleich anspruchsvoll und erfordern volle Konzentration auf den Tanzpartner.

 

Ein wesentliches Stilelement des Boogie-Woogie besteht vor allem in der tänzerischen Interpretation der musikalischen Phrasen eines Musikstücks. Dies erfordert an Wettbewerben das oft intensive Einübung einer Choreographie, als auch an sozialen Tanzveranstaltungen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit auf die Musik. Dabei gilt es u.a. besonders Taktunterbrüche, sog. "Breaks/Stopps", oder Wechsel der musikalischen Phrasen durch stilistische Tanzelemente zu betonen.

 

Ein weiterer Unterschied liegt in der Schritttechnik bzw. Akzentuierung. Das Charakteristische der Boogie-Woogie-Musik, die Backbeat-Akzentuierung, wird von den Tänzern auf den Schritt übertragen, während aktuelle Rock-’n’-Roll-Tänzer inzwischen durchaus auch ihre Betonung auf 1 und 3 legen, da sich der Sport-Rock- ’n’-Roll immer weiter von seinen musikalischen Wurzeln entfernt hat.

 

Bei der Erforschung der Geschichte des „Boogie-Woogie“ als Tanz stößt der Interessierte auf ein generelles Problem: Primäre Quellen als Belege sind Mangelware. Die Tänzer, die als Zeitzeugen dienlich sein könnten, waren mit dem Tanz beschäftigt und haben sich nicht, oder nur in geringem Umfange, als Berichterstatter über die Vergangenheit betätigt. Die gesellschaftliche Ächtung von Musik und Tanz in der Ursprungszeit führte außerdem zu einer Verdrängung aus dem öffentlichen Leben respektive aus den damaligen Medien. Also bleiben uns wenige Zeitungsartikel, private Film- und Fotodokumente, Musik- und Revuefilme und punktuell tradierte Lebenserinnerungen von Tänzern als wesentliche Quellen. Die Qualität der Aufarbeitung in den im Internet verfügbaren Artikel und Fundstellen ist entsprechend dürftig, Darstellungen der Historie fußen zudem auf wenig fundierter, aber immer wieder abgeschriebener Sekundärliteratur